Proteingehalt von eingemachtem Gemüse und Botulismus

Kohlkopf

Kann ich überhaupt jemals alles zu diesen kleinen gefährlichen Tierchen schreiben? Jein. Ich trage seit einiger Zeit alles über Clostridium Botulinum zusammen, was ich im Zusammenhang mit Einmachen und Einkochen darüber finde. Ich tausche mich mit Fachstellen aus, schreibe darüber und gebe das Wissen in meinen Einmachkursen und in der Facegruppe “Einmachen/haltbarmachen/dörren/fermentieren CH” weiter.

Manchmal erreichen mich sogar echte Hilferufe

Mein Artikel zum Thema Botulismus ist einer der meistgelesenen auf dem Blog. Dazu kommen auch immer mal wieder direkte E-Mails, mit ganz konkreten Fragen zu mir. Daraus ist schon öfter ein richtig guter Austausch entstanden.

Gut, manchmal sind es echte Hilferufe im Sinne von: “Hilfe! Das Glas hatte kein Vakuum und ich habe es aufgegessen, werde ich jetzt sterben?”

Ich verstehe die Panik, aber was soll ich denn da tun? Du kennst vielleicht den Artikel über Verantwortung? Wenn man den Inhalt eines Glases essen will, muss man nämlich genau das tun: Verantwortung übernehmen!
Manchmal würde ich gerne antworten: “Behalte das Glas, falls es dir schlecht geht, nimm es unbedingt mit in den Notfall, damit man dir schnell helfen kann.” Was tatsächlich ein guter Tipp ist.
Aber es kommt immer drauf an, was im Glas war und wie es zubereitet wurde. Oft kann ich nach einigen Rückfragen Entwarung geben, weil es kein sensibler Inhalt war. Bei Fleisch oder anderem eiweisshaltigem Einkochgut, ist das wirklich ein guter Tipp. Das Glas behalten und abwarten.

Die eiserne Regel

Ja, es gibt im Netz immer wieder mal Tipps, wenn ein Glas offen ist, kann man den Inhalt einfach gut durchkochen, dann passt das schon. Grundsätzlich ist das nicht falsch. Das Toxin von Clostridium Botulinum wird durch Hitze zerstört, weil es ein Eiweiss ist. Das kann man machen, ich würde es aber dann nur für mich allein machen. Und ehrlicher Weise hätte ich dabei ein extrem schlechtes Gefühl, vorallem, wenn es ein Gulasch oder ein Bohneneintopf ist. Meiner Familie vorsetzen würde ich es auf keinen Fall.

Wenn bei eiweisshaltigem Einkochgut der Deckel nur aufliegt, entsorge ich den Inhalt samt Glas. Da mache ich persönlich keine Experimente. Aber wie gesagt, wenn man die Verantwortung trägt, kein Problem.

3 Varianten, 1 Ziel: Clostridium Botulinum und andere Keime abtöten

Da kam diese Mail von Iasmin. Aus der ersten Mail hat sich ein interessanter Austausch ergeben. Irgendwann kam die Frage, wie denn das mit Gemüse sei. Grüne Bohnen und Hülsenfrüchte waren klar. Davon sprechen alle, und alle haben eigene Regeln, wobei ich eine klare Verfechterin der “Schweizerregel” bin. Warum kannst du im ursprünglichen Artikel über Botulismus nachlesen.

  • 2x 60 Minuten, innerhalb von 24-48 Stunden, bei 100°C einkochen (so die Schweizer)
  • 1 x 120 Minuten bei 100°C (so die Deutschen)
  • nur mit dem Pressure Canner bei 121°C, so die Amerikaner

Die grosse Frage

Aber wie ist das mit anderem Gemüse? Es gibt Gemüsesorten, die bedeutend mehr Eiweiss enthalten als Bohnen? Wenn man auf der interaktiven Gemüsetabelle hier nachschaut, fällt auf, dass vorallem Kohlarten sehr hohe Proteinwerte aufweisen. Was ist denn mit denen, sind die nicht auch optimales Futter für Clostridium Botulinum?

Bisher hatte ich bei Kohl empfohlen 120 Minuten einzukochen. Aber plötzlich fiehl mir ein, dass Hildegard Rust Deutsche ist, also ist sie Verfechterin der Deutschen Variante. Hmmm… wenn soll ich denn jetzt fragen? Lieselotte Keller mit der ich mich vorher in der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof ausgetauscht habe ist mittlerweile pensioniert. Aber sie hat zum Glück mit Johanna Schaufelberger eine sehr sympathische und kompetente Nachfolgerin.

So muss es sein, damit es richtig ist

Frau Schaufelberger und ich sind zum Schluss gekommen, dass es effektiv korrekt ist, wenn auch Kohl und andere Eiweisshaltige Zutaten wie beispielsweise, Wirz, Rosenkohl oder auch Sojasprossen, wegen der Gefahr die von Clostridium Borulinum ausgeht, 2 x eingekocht werden. Wenn du damit noch nicht so vertraut bist, findest du hier den passenden Artikel: Was für 2x einkochen spricht

Nein ich sage nicht, dass bisheriges falsch war. Meistens geht es gut. Aber es geht auch nur einmal schief. Darum werde in Zukunft bei allen eiweisshaltigen Produkten 2x einkochen empfehlen. Ich werde die Tabelle für Einkochzeiten und Temperaturen dementsprechend korrigieren.

Die Übersicht über die Artikel zum Thema Botulismus

… und zum Schluss noch dies

Das Wichtigste ist, dass du dir immer bewusst bist, was du beim Einkochen machst und warum du es auf deine Art machst. Es führen viele Wege nach Rom. Wenn du dich noch unsicher fühlst und gerade anfängst, dann würde ich nicht als erstes Fleisch einkochen.

Ich habe auch mit Konfitüre begonnen, später kam Kompott und Essigkonserven dazu und erst dann, als ich das nötige Wissen hatte, habe ich mich an Fleisch und Hülsenfrüchte getraut. Heute gehören die Kichererbsen im Glas zu meinem Standard Vorrat und eine feine Linsensuppe steht meist auch im Keller.

Dein Vorrat soll dich stolz machen und nicht Angst auslösen. Darum ist es wichtig, dass du dich schlau machst, bevor du startest. Das kannst du entweder im Haltbar ABC tun, oder du kannst dich für einen Kurs bei mir anmelden. Dann lernst du es aus erster Hand. Vielleicht sogar ein Privatkurs mit 3 Freund:innen? Alles möglich.
Die neuen Daten folgen im März. Wenn du den Newsletter abonniert hast, erfährst du die Daten aus erster Hand.

Herzliche Grüsse aus der Schreibküche

Frau Rührwerk

4 Meinungen zu “Proteingehalt von eingemachtem Gemüse und Botulismus

  1. Bianca sagt:

    Hallo Frau Eggenberger,
    mich würde interessieren, welches Gemüse besonders anfällig für Botulismus ist und welches Eingeweckte Gemüse man bedenkenlos kalt essen kann? Ich koche seit ein paar Jahren Bruschetta (ohne Essig) ein und mache es dann auf heißen Toast. Auch mich verunsichert das ganze Gerede über Botulismus auch sehr.
    Herzlichen Dank
    Bianca

    • Frau Rührwerk sagt:

      Hallo Bianca

      Bei der Bruschetta ist es schwierig, ohne Rezept kann ich es nicht beurteilen. Aber wenn (wie ich es kenne) Tomaten die Hauptzutat ist, dann besteht durch den tiefen pH-Wert keine Gefahr. Warum das so ist können sie hier nachlesen.
      Darum wäre ich bei Bruschetta sorgenfrei, genau so wie bei meiner Tomatensauce, die ich 30 Minuten bei 90°C sterilisiere und die ich im Sommer gerne mal kalt esse.
      Grundsätzlich kann man sagen, alle Wurzelgemüse und alle eiweisshaltigen Gemüse 2x einkochen. Hier ist die Einkochtabelle, vielleicht hilft ihnen das weiter?
      Herzliche Grüsse
      Karin Eggenberger

  2. Heidi Matteo sagt:

    Guten Tag
    ich habe Borlottibohnen 24 Stunden im Wasser eigeweicht, gewaschen, in Gläser mit frischem abgekochtem Salzwasser aufgefüllt und 120 Minuten bei 90 Grad eigekocht. Sie sind ziehmlich matschig geworden. Kann ich die Bohnen bedenkenlos als Salat essen? Diese Botulismusgeschichte verunsichert mich doch sehr. Ich koche seit 40 Jahren ein.
    Besten Dank und freundliche Grüsse Heidi Matteo

    • Frau Rührwerk sagt:

      Guten Abend Frau Matteo
      die Erfahrung mit den Borlottibohnen habe ich auch gemacht. Da ich meine für Bohnenpaste brauche, ist das aber mit dem Matschig nicht so schlimm.
      Das mit dem Bedenkenlos ist so eine Sache. Eine Garantie kann ich ihnen nicht geben.
      Aber ich würde sie wahrscheinliche essen. Besonders, wenn die Gläser noch sicher verschlossen sind. Grundsätzlich ist Botulismus eher selten und das gute ist, dass die Bakterien bei der Vermehrung Luft produzieren, so dass das Vakuum aufgehoben wird. Und wenn sie es bisher immer so gemacht haben, dann würde ich es so essen. In deutschen Foren wird übrigens nur 1×120 Min. empfohlen. Das ist ein Glaubenskrieg im Glas 😉
      Allerdings empfehle ich in Zukunft das 2 x Einkochen, wegen der beschriebenen mikrobiologischen Abläufe. Vielleicht werden die Bohnen dann auch nicht so matschig? Es wäre ein Versuch wert.

      Ich hoffe, das hilft ihnen so weiter und wünsche weiterhin viele tolle Genussgläser. Und das ist ja das gute, es hat sich in den 40 Jahren nichts grossartig verändert, es ist nur das eine oder andere Gerät dazu gekommen. Ansonsten ist es ein altes Küchenhandwerk das seit eh und je funktioniert.

      Freundliche Grüsse
      Frau Rührwerk

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