Eigentlich hiess dieses Sprichwort “Sauer macht lustig” ursprünglich “Sauer macht Essen”, was soviel heisst, wie saure Lebensmittel sind appetitanregend. Aber es könnte auch heissen “Sauer macht haltbar”. Darum geht es mir nämlich. Wusstest du, dass der pH-Wert für die Haltbarkeit eine wesentliche Rolle spielt?
Säure hilft konservieren
Wenn wir Lebensmittel sauer, süss-sauer oder durch fermentieren haltbar machen, verschlechtern wir die Lebensbedingungen von gefährlichen Mikroorganismen.
Bei einem pH-Wert unter 4 können sich beispielsweise Salmonellen nicht mehr vermehren und sterben mit der Zeit ab. Das gilt für praktisch alle Bakterien, die für lebensgefährliche Lebensmittelvergiftungen verantwortlich sind. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Sporen überleben können. Wobei die daraus wachsenden Bakterien dann ja wieder absterben. Clever oder?
Allerdings lieben Schimmelpilze saure Umgebungen so gibt es welche, die sich noch bei einem pH-Wert von 1,5 vermehren können.
Was kann ich mit diesem Wissen anfangen?
- Eingemachtes, was schon vom Produkt her eher sauer ist, kann einfacher haltbar gemacht werden.
- Eingemachtes, das vom Produkt her einen eher tiefen Säuregehalt hat, muss speziell vorsichtig und genau gehandhabt werden.
- Kombiniere ich Zutaten mit eher tiefem Säuregehalt mit saueren Zutaten, z.B. mit Essig, erhöhe ich ihre Haltbarkeit grundsätzlich
- Es ist wichtig, die im Rezept angegebenen Vorgaben genau einzuhalten um sichere Gläser zu produzieren.
- Es ebenso wichtig, die Zusammenhänge zu kennen, um ein Rezept beurteilen zu können.
Kleiner Exkurs: Der pH-Wert
Sorry, jetzt wirds etwas wissenschaftlich, wenn du das nicht magst, kannst du auch gleich zum den praktischen Beispielen springen.
Mit dem pH-Wert bezeichnet man wie sauer oder wie basisch eine Flüssigkeit ist. pH kommt von pondus hydrogenii was soviel heisst wie “Gewicht des Wasserstoffs” also wieviele Wasserstoffionen in einer Flüssigkeit sind. Gemessen wird mit einer Skala von 0 – 14 . Da drin bewegen sich die gängigen Flüssigkeiten. Der pH-Wert von 7 steht für eine neutrale Lösung. Diese ist weder sauer noch basisch, sondern eben neutral. Wasser ist das einfachste Beispiel dafür. (Quellen: Wikipedia = wissenschaftliche Erklärung und klassewasser.de = einfache Erklärung)
Messmöglicthkeiten
Der pH-Wert kann mit pH-Papier, das es in der Apotheke zu kaufen gibt, oder mit speziellen Geräten gemessen werden. Das mag rein aus “Gwunder” (Neugierde) mal lustig sein. Ist aber nicht nötig.
Viel wichtiger als ein genauer Wert ist, dass man die Zusammenhänge berücksichtigt, Wissen über die Zutaten hat und vor allem, dass man sauber arbeitet. Siehe auch: Die Einmachregeln im Haltbar ABC.
So kann man Lebensmittel grob einteilen
(Quelle: Haltbarmachen von Lebensmitteln, Heiss u. Eichner, S. 99 ff. 2002, Springer Verlag)
Schwach saure bis neutrale Lebensmittel
pH-Wert 4,5 bis 7
Beispiele: Fleisch, Fisch, Geflügel, Milch, Erbsen, Bohnen, Kartoffeln und Karotten
Saure Lebensmittel
pH-Wert < 4,5
Beispiele: Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Tomaten, Konfitüren, Fruchtsäfte, Joghurt.
Sehr saure Lebensmittel
pH-Wert zwischen 2.5 und 3.5
Beispiele: Zitronen, Rhabarber, Ananas, viele Beerenfrüchte und Sauerkraut.
Daraus folgt:
- Die gute Hygienepraxis ist immer noch das Wichtigste beim Einkochen. Je tiefer die Anfangskeimzahl ist, desto besser ist die Chance, dass sich nach dem Einkochen nichts mehr vermehrt. Siehe auch: Hygiene ist entscheidend
Aber eine Hundertprozentige Sicherheit gibt es nie, es kann immer mal etwas überleben und sich wieder vermehren. Darum jedes Glas vor dem essen prüfen. Siehe auch: Verantwortung beim Aufmachen eines Glases - Nur aus einwandfreien Ausgangsprodukten kannst du etwas tolles herstellen, das gut und lange haltbar ist.
- Säure hilft beim Konservieren. Saure Lebensmittel brauchen beim Einkochen weniger lang, und weniger hohe Temperaturen. Meistens 90 Grad für 30 Minuten. Siehe auch: Einkochzeiten und Temperaturen
- Lebensmittel mit hohen Eiweissanteilen und hohen Stärkeanteilen gehören eher zu den schwach sauren bis neutralen Lebensmitteln und brauchen daher höhere Temperaturen und längere Zeiten um eingekocht zu werden. Meistens sogar 2 Einkochvorgänge. Am 1. Tag 60 Minuten bei 100 Grad und nach 24 – 48 Stunden noch einmal 60 Minuten bei 100 Grad. Siehe auch: Einkochzeiten und Temperaturen
- Hefen und Schimmelpilze können bei viel nidrigeren pH-Werten wachsen als Bakterien. Darum wird zum Beispiel bei Marmeladen, Fruchtaufstrichen und Sirup oft Säure in Form von Zitronesäure oder Zitronensaft zugegeben. So kann die Haltbarkeit erhöht werden.
Und zum Schluss noch dies
Es ist mir ein Anliegen, die Zusammenhänge aufzuzeigen. Wenn du diese kennst, kannst du sichere und haltbare Vorräte konservieren und voller Stolz auf dein Vorratsregal blicken.
Du kannst aber auch evaluieren ob ein Rezept stimmen kann. Und du kannst auf Fehlersuche gehen, wenn ein Glas verdorben ist. Das alles lernst du ebenfalls in meinen Einmachkursen. Dort kannst du Theorie und Praxis verbinden und bist anschliessend fit für deine Vorratskocherei.
Wir hoffen, dass wir im Mai endlich wieder im kleinen feinen Rahmen Kurse geben dürfen. Also sichere dir jetzt deinen Platz, die nächste Früchte- und Gemüseschwemme kommt bestimmt. Oder komm mit 3 Kolleg*Innen für einen exklusiven Kurs im kleinsten Rahmen zu mir in die Rühr-Werk Küche.
Hallo Fr.Rührwerk,was sie schreiben ist logisch,witzig und charmant.Bin durch Zufall auf Sie gestoßen und habe nun auch eine Frage.
Habe Pflaumen mit verschiedenen Gewürzen und Zucker(ohne Zitronensäure )nur einmal eingekocht(ca.2Std).
Bin Anfängerin und stark verunsichert,da ich von Botulismus gelesen habe.
Kann ich ruhigen Gewissens das Eingekochte verzehren,oder bezahle ich Lehrgeld?
Ganz herzliche Grüße aus dem Norden
Liebe Frau Knapp
Vielen Dank für ihr liebes Kompliment, es freut mich sehr, dass ihnen meine Schreibe gefällt.
Das ist kein Problem mit den Pflaumen. Weil Früchte, also auch Pflaumen selber schon einen sehr tiefen pH-Wert haben, sind sie kein guter Nährboden für Clostridien. Ausserdem haben sie praktisch kein Eiweiss, welches die Clostridien für ihre Vermehrung brauchen.
Bei allen Früchten gilt also: 30 Minuten bei 90°C reichen um Schimmelsporen und Bakterien abzutöten. Dann halten sie bei Kompott auch ihre Form. Bei ihnen sind die Pflaumen wohl eher etwas Pflaumenmus nach dieser langen Zeit.
Hier finden sie eine Übersicht über die Zeiten und Temperaturen: https://ruehr-werk.ch/zeit-und-temperatur/
Ihre Pflaumen können sie also ruhigen Gewissens verspeisen. Ich wünsche ihnen viel Genuss und weiterhin viel Erfolg beim Einkochen.
Herzliche Grüsse
Frau Rührwerk
Grandios, liebe Karin,
der PH-Wert ist mir zwar ein Begriff, doch beim Einmachen ist er mir noch nie “vorgestellt” worden. Vielen Dank dafür. Der Mensch lernt eben nie aus.
Danke liebe Marghareta, so geht es mir manchmal auch. Und das Tollste ist, dass sich dann plötzlich Dinge zusammenfügen, die man vorher gar noch nie beachtet hat. Es sind die Ahaaa-Erlebnisse, die ich so liebe.