… und Brautkleid bleibt Brautkleid. Aber ob das stimmt? Nein, sind wir mal ehrlich das stimmt überhaupt nicht mehr! Wobei ich mich grad frage, ob das je gestimmt hat. Hmmm, wahrscheinlich nicht. Die Grundlage vom Blaukraut ist nämlich Rotkohl. Und bei uns heisst es darum auch Rotkraut oder in Dialekt “Rotchruut”. Und ein Brautkleid kann ja durchaus auch mal ein Hosenanzug sein, wer will denn da schon so pingelig sein? Ich auf jeden Fall nicht.
Meine Oma war für mich die beste Köchin
Rotkraut ist für mich eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen. Meine Oma hat für mich immer Rotkraut zum Hackbraten gekocht. Und es war mir nie bewusst, wieviel Zeit das in Anspruch nimmt. Schon das Schneiden ist ein Aufwand. Besonders, wenn ich mir überlege, dass meine Oma am Schluss fast keine Kraft mehr in ihren Armen hatte. Das letzte Mal, dass sie für mich mein Lieblingsessen kochte, hat wohl mein Opa den Rotkohl geschnitten.
Leider ist das Originalrezept nicht mehr da und ich kann leider auch nicht mehr fragen. Aber mittlerweile habe ich aus verschiedenen mein eigenes kreiert. Und einen Fruchtaufstrich braucht es dazu sogar auch noch. Ich glaube meiner Oma würde es gefallen. (Eilige können hier schon zum Rezept springen)
Im Winter und im Sommer aber besonders im Winter
Essen kann ich Rotkraut immer. Da spielt es nicht mal eine Rolle ob kalt oder warm. Natürlich gehört noch mehr dazu. Glasierte Marroni (Kastanien), selbstgemachter Kartoffelstock und Hackbraten. Dann ist es für mich ein Sonntagsessen. Natürlich mit dem besten Hackbraten der Welt. Dem von meiner Oma. Zum Glück habe ich ihr das Rezept entlockt und es aufgeschrieben.
Kleine Anekdote: Mein Papa ist ein sehr kritischer Esser. Er sagt: “Meine Schwiegermutter kochte den besten Hackbraten, den ich je gegessen habe”. Seine Frau wendet ein: “Aber der von XY ist auch nicht schlecht”. Mein Papa: “Egal, auf den Hackbraten von Berti lasse ich nichts kommen. Der war immer der beste der Welt. Basta!” Und er hat natürlich absolut recht.
Meine Beziehung zu Rotkraut im Glas war lange ambivalent
Liebe aufs erste Mal war das Rotkraut nicht. Ich hatte vor ein paar Jahren mal 4 Portionen eingemacht. Die ersten zwei habe ich ziehmlich bald gegessen und die anderen in den Keller geräumt. Als es dann irgendwann so komisch gerochen hat, bin ich dem auf den Grund gegangen. Schnell hat mich meine Nase in den Keller geführt. Wobei ich zugeben muss, dass ich fälschlicherweise unseren Kater in Verdacht hatte.
Ich also schnüffelnd in den Keller. Und siehe da, auf dem Regal haben die zwei Gläser Rotkraut fröhlich vor sich hingeblubbert. Was für eine Sauerei! Weil “vor sich hin” der falsche Ausdruck ist. Das ist alles oben raus und auf die Regalbretter gesabbert. Also weg damit! Und wie das bei mir bei Misserfolgen so ist, ich habe es einfach nicht mehr gekocht. Aber jetzt ist es wieder Zeit!
Neuer Winter, neues Glück
Bei uns schneit es seit Freitag und ich habe richtig Lust auf Soulfood. So eine Portion Rotkraut mit Marroni scheinen mir sehr verlockend. Klar, ich hätte es ja einfach einfrieren können. Das geht fast immer. Aber das will ich nicht. Ich will gerne Rotkrautgläser im Vorratsregal bestaunen.
In meinem Garten hat es leider keine eigenen Kohlköpfe. Mein Gartenprojekt ist eine Geschichte, die sich hinzieht. Davon schreibe ich jedoch heute lieber nicht auch noch. Also werde ich gleich mal bei Elsbeth Ebnöther vom Hof Hubhansen nachfragen, ob sie noch einen Rotchabis (wie der bei uns auch heisst) für mich hat.
Dann kann es losgehen. Zuerst wird das Rotkraut ganz normal gekocht. Anschliessend koche ich gleich einen Teil ein. Wichtig beim Rotkraut ist die Einkochzeit. Die hatte ich nämlich bei meinem Fehlversuch völlig unterschätzt. Wenn du im Haltbar ABC auf die Zeiten und Temperaturtabelle gehst, findest du Kohl und da gehört das “Rotchrut” dazu. Also nach dem Kochen 2x innert 24-48 Stunden für 60 Minuten bei 100° C einkochen. Sonst ist es schade, die ganze Arbeit könnte umsonst sein.
Hackbraten im Glas geht übrigens auch
Den Hackbraten kann man selbstverständlich auch gleich einkochen. Macht Sinn, wenn der Ofen schon so lang läuft. Den fertigen Braten in Scheiben in Gläser füllen und gleich mit einkochen. Nur bei der Sauce musst du aufpassen. Diese unbedingt erst nach dem Einkochen andicken, weil sich die wenigsten Saucenbinder einkochen lassen.
Das Fleisch koche ich 60 Minuten mit und koche es dann 24 Stunden noch einmal ein. Die Erklärung dazu findest du bei “Was für 2x einkochen spricht“. Vielleicht lasse ich beim Rotkraut grad einen paar Testgläser mit Braten mitlaufen. Eigentlich mag ich zwar frischen Braten am liebsten. Aber ein Versuch ist es allemal wert. Der Ofen läuft ja schliesslich schon und das spart Energie wenn man ihn gleich voll macht.
Wenn ich nach einem kalten Tag heimkomme und Rotkraut mit Hackbraten aus dem Glas kann, ist das doch eine wunderbare Vorstellung, bei der mir schon beim Schreiben das Wasser im Mund zusammenläuft.
Und zum Schluss noch dies
Pffft! Wie ich diesen Ton liebe! Erkennst du ihn? Das macht es, wenn ich am Weckgummi ziehe, und sich das Vakuum löst. Pffft, und schon ist etwas Feines da. Meine Idee ist nämlich, dass ich an einem der Weihnachtstage einfach ein oder auch mal zwei Gläser öffnen (pffft, pffft) und warm machen kann. Schon habe ich eine wunderbare Gemüsebeilage. Total entspannt, so wie wir es wahrscheinlich alle gerade gut gebrauchen können.
Ich habe mir ganz fest vorgenommen, dass ich zwischen den Jahren wieder einmal so einen saftigen Oma-Hackbraten machen will. Dazu gibt es Kartoffelstock (Stampf) mit obligatem Bratensaucen-See und Rotkraut. Weil es einfach für die Seele gut tut. Wobei, warum sollte ich eigentlich bis Weihnachten warten? Ich glaube, ich geht jetzt einkauft.
Gibt es bei dir das Soulfood-Menü? Eines, dass die Kindheit und dieses Gefühl von Wärme, angenommen sein und Entspannung verbreitet? Ich bin gespannt, ob bei dir auch Erinnerungen wach geworden sind. Schreib es mir in den Kommentaren, wenn du magst.
Ich wünsche dir von Herzen einen schöne Adventszeit und grüsse dich aus meiner Schreibküche
Frau Rührwerk
Rotkraut im Glas
Zutatenliste für 8 Weckgläser à 375 ml
- 80 g Zucker
- 3 dl Rotwein
- 2 dl Apfel oder Orangensaft
- 1,2 -1,5 kg Rotkohl
- 4-5 Nelken (die nehme ich nach dem Kochen möglichst wieder raus)
- 1 mittelgrosses Glas Fruchtaufstrich Zwetschge mit Zimt
- 2-3 Äpfel
- 2 EL Balsamico Essig
- wenig Pfeffer und Salz zum abschmecken
Was wir auch brauchen
- Rüstbrett, Schüssel und grosses Messer
- Messbecher
- Pfanne mit Deckel oder Schmortopf und Kelle zum Rühren
- 8-9 Weckgläser à 375 ml oder in sinnvoller Portionengrösse inkl. Gummiringe und Klammern
Vorgehen
- Rotkohl rüsten, vierteln und fein schneiden, dazu kannst du auch einen Hobel verwenden oder sogar auf einer Trommelraffel geht es. Meine Oma hat es jeweil mit ihrer Zyliss gemacht.
Alle anderen Zutaten bis auf die Äpfel vorbereiten (für die ist es zu früh, die würden braun werden) - Zucker in die Pfanne geben und ohne rühren leicht caramellisieren (Achtung! Brennt schnell an). Mit Rotwein ablöschen und aufkochen, bis sich der Zucker gelöst hat. Rotkraut und Gewürze beigeben, gut unterheben und zugedeckt 30 Minuten köcheln lassen.
- Gläser und Gummis vorbereiten, im Backofen für 10 Minuten bei 100°C sterilisieren
- Äpfel rüsten und klein schneiden, zum Rotkraut geben, unterheben, Apfelsaft und 3-4 EL Fruchtaufstrich beigeben, 5-10 Minuten weiterköcheln lassen.
- Mit Aceto Balsamico, Salz und Pfeffer abschmecken. und in die vorbereiteten Gläser füllen. Darauf achten, dass die Ränder vor dem Verschliessen sauber sind. Genug Rand frei lassen, weil wir bei 100°C im Steamer oder im Wasserbad einkochen und dort ein höherer Druck als bei 90°C entsteht.
Gläser verschliessen und im Steamer oder im Wasserbad bei 2x innert 24-48 h bei 100°C für 60 Min. einkochen. Anschliessend herausnehmen, abkühlen lassen, Klammern nach 24 Stunden entfernen, Gläser anschreiben, kühl und dunkel aufbewahren, sie sind gut 1 Jahr haltbar.
Varianten
Es kann mit anderen Gewürzen experimentiert werden, mit einem anderen Fruchtaufstrich oder einer Konfitüre.
Unbedingt notieren was man verwendet hat und anschliessend dazu schreiben ob es geschmeckt hat, so dass man es ein Jahr später noch weiss.
Guten Tag,
Ich habe eine Frage den Balsamico Essig vergessen mitzuverarbeiten und erst nach dem ersten Einwecken festgestellt. Kann ich ihn auch beim Erwärmen rein machen?
Liebe Grüsse
Barbara
Guten Abend Barbara
Gute Frage. Ich vergesse ja meistens das Salz 😉 Es hat etwas mit dem Geschmack zu tun. Schau doch beim Erwärmen ob es dir auch so schmeckt, und wenn dann nur sehr wenig Balsamico, weil die Menge ja auf die gesamte Menge ist. Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Genuss.
Liebe Grüsse
Frau Rührwerk
Guten Tag, bin ein bißchen verwirrt. Rotkraut 120 Minuten bei 100 Grad einkochen oder 2×60 Minuten bei 100 Grad?
Guten Tag Barbara
Eine total gute Frage, da musste ich erst mal überlegen. Danke schön.
Der Eiweissgehalt von Kohl ist lediglich bei 1,2g pro 100g (Bohnen haben 21g). Darum geht es wohl schon mit 120 Minuten. Aber 2 x 60 ist natürlich korrekt. Ich habe es auch noch mit dem Ordner von der landwirtschaftlichen Schule verglichen. Darum werde ich das gleich ändern.
Herzliche Grüsse
Frau Rührwerk
mmmmh, Hackbraten mit Stock, Seeli und Rotkraut. Was für ein Genuss. Wenn mein Papi Hackbraten macht (was für ein Zufall: Auch den Weltbesten!), dann ruft er immer an, ob wir auch noch etwas davon möchten. Was für eine Frage!
Ja genau, es gibt zum Glück viele weltbeste Hackbraten. Da würde ich auch nie nein sagen. Weil es für mich einfach DAS Soulfood-Essen ist.